Fürther Papierveredler setzt auf altbewährte Technik

(Fürth).  Weihnachtsgeschenke ohne Verpackung? Eine Pralinenschachtel ohne zartes Einlagepapier? Alles möglich. Aber optisch weniger reizvoll. Verpackungen machen Produkte schöner und erhöhen den Kaufanreiz. Kein Wunder, dass um Papier, Folie und Pappe ein globaler und milliardenschwerer Industriezweig entstanden ist — in dem sich ein Fürther Traditionsunternehmen behauptet. Auch dank überholter Technik.

 

Schokolade. Damit fing alles an. Ralph Schlotter hat die Originalpatente für Metallpapier zum Einwickeln der süßen Kakaomasse aus dem Jahre 1905 im Archiv ausgegraben: „Hier liegen die Ursprünge des Betriebs“, erklärt der heutige Geschäftsführer der Wickels Papierveredelungs-Werke Buntpapierfabrik GmbH und blickt stolz auf die verfärbten Seiten mit schön geschwungener Handschrift.

Lange vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte Firmengründer Fritz C. Wickels ein Verfahren, mit dem er den Preis von Staniol, das bis dato zum Verpacken von Süßwaren diente, deutlich unterbieten konnte. Er bestrich Papier mit Metallpigmenten: im vorigen Jahrhundert eine kleine Revolution. Die Schutzrechte dafür sind zwar schon lange hinfällig.

 

Doch noch immer läuft sogenanntes bronziertes Papier durch die Maschinen des Fürther Familienunternehmens in der Jahnstraße, zusammen mit Geschenkpapier in allen möglichen Farben, Größen und Prägungen. Aber auch Süßwaren- und Parfümverpackungen für namhafte Hersteller und Aluminium- oder Farbfolien, beispielsweise zum Bekleben von Schachteln, stellt der Traditionsbetrieb mit 30 Mitarbeitern her. Von den rund 1000 Kunden sitzt die Mehrheit in Deutschland, der Schweiz und Österreich, aber auch in England, Spanien und Frankreich, wo die Kosmetikbranche stark nachfragt. Fünf Mio. Ã Umsatz erwirtschaftete das Unternehmen zuletzt, rund 50 Prozent durch den Export nach Europa.

 

Lukrativer Markt in Russland

 

Russland ist dabei ein wichtiger Markt für die Fürther — zur Zeit allerdings ein schwieriger. Papier und Kartonwaren fallen zwar nicht unter das Importembargo des Kreml. „Aber unsere Kunden in Russland spüren, dass die Verkäufe dort zurückgehen“, erklärt Schlotter. „Von ein paar reichen Oligarchen kann niemand leben. Und die russische Mittelschicht kauft spürbar weniger.“ Noch könne Wickels den Rückgang verschmerzen. Doch die Aussichten seien ungewiss, sagt der 47-Jährige.

Vor allem zur Weihnachtszeit sei Russland ein lukrativer Abnehmer. „Dort gibt es im Prinzip drei Weihnachtstermine zum Feiern. Den 24. wie bei uns, Neujahr und Heilig Drei König“, erklärt der Geschäftsführer. Viel Geschenkpapier und Folien gehen folglich über die Ladentheken. Die Franzosen hingegen würden weniger Wert auf schöne Verpackungen legen, die Skandinavier wiederum würden Gelbtöne und peppige Farbkombinationen schätzen, die sich im Rest Europas kaum verkauften.

Die Konkurrenz auf dem Weltmarkt wächst unterdessen seit Jahren. Der Betrieb setzt sich mit einem großen Sortiment zur Wehr — nicht gerade Trend in einer hochgradig spezialisierten Branche. „Kaum ein Wettbewerber ist so breit aufgestellt wie wir“, sagt Schlotter. Das gelte sowohl für die Artikel, als auch für die Mengen, die in der Jahnstraße von den Rollen laufen. Ein Pluspunkt in einem von Ereignissen und Festen getriebenen Bereich mit Absatzhöhen und -tiefen.

Wickels verkauft nach eigenen Angaben vor allem kleine und mittlere Auflagen ab 1000 Quadratmetern, der Durchschnitt liegt bei 5000 bis 10 000. Größenordnungen, die sich für spezialisierte Hersteller nicht rentieren. Fertigt eine Firma ausschließlich Folie für Zigarettenschachteln, muss sie entsprechende Mengen absetzen, will sie überleben. Großaufträge über 50 000 Quadratmeter hat Wickels selten. Technisch sind sie aber kein Problem. In den verwinkelten Produktionsräumen der Firma, in denen sich bunte Papierrollen stapeln und wo ein Geruch von Kleber hängt, stehen Maschinen, die teils schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben.

 

Keine Elektronik

Ein Exemplar zählt schon 70 Jahre. „Die alten Modelle enthalten keine Elektronik und sind daher leichter zu warten. Und weniger anfällig für Störungen“, erklärt Schlotter. Zudem seien die Umrüstzeiten kurz. Soll heißen: Soll das Produkt breiter oder schmäler, beziehungsweise die Menge geändert werden, ist der Prozess innerhalb kurzer Zeit umgestellt — anders als bei vielen neuen Modellen.

Die grauen Eminenzen laufen nicht rund um die Uhr, einige sind sogar nur wenige Tage pro Monat im Einsatz. Betriebswirtschaftlich eigentlich fragwürdig. Doch Schlotter rechtfertigt den Aufwand: So könne der Betrieb auch weniger gefragte Artikel produzieren und die Qualitätskontrolle in die eigene Hand nehmen.

Der Papierveredler kauft seine Rohstoffe wie Farben, Lacke, Papier und Karton zu. Um zum Beispiel im Hinblick auf Pralinen sicherzustellen, dass das Material nicht gesundheitsschädlich ist, muss die Firma alle zwei Jahre Unbedenklichkeitserklärungen vorlegen. Die Debatte um giftige Farben in Verpackungen, wie sie der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt (CSU) angestoßen hat, wirft auch für Wickels Fragen auf. „Da müssen wir mit unseren Lieferanten Rücksprache halten“, sagt Schlotter. Die Aluminiumfolie für die Süßwarenproduktion sei beispielsweise unbedenklich. Sorgen um die Zukunft macht er sich sowieso nicht — trotz Herausforderungen. „Wir haben unsere Nische gefunden und kennen unsere Stärken“. 

TANJA TOPLAK-PÁLL

Quelle:

http://www.nordbayern.de/further-papierveredler-setzt-auf-altbewahrte-technik-1.3833092?searched=true